Wir die Menschen, die mit resistenter Tuberkulose infiziert sind, leben in allen Teilen der Welt.
Die meisten von uns infizierten sich aufgrund der schlechten Bedingungen unter denen wir leben. Die Krankheit breitet sich unter uns aus, wenn sie nicht diagnostiziert wird. Unbehandelt führt sie zum Tod. In den Ländern, in denen wir leben, ist der Zugang zu einer schnellen und genauen Diagnose nur selten verfügbar und nur einer von fünf Erkrankten erhält eine wirksame Behandlung.
Denjenigen unter uns, die das "Glück" haben eine Behandlung zu bekommen, stehen zwei qualvolle Jahre bevor, in denen sie bis zu 20 Tabletten am Tag einnehmen müssen. In den ersten acht Monaten erhalten sie zudem täglich schmerzhafte Injektionen, die es schwer machen, zu sitzen oder sich gar hinzulegen. Viele von uns fühlen sich durch die Behandlung noch schlechter als durch die Krankheit selbst, denn sie verursacht Übelkeit, Schmerzen und Hautausschlag. Die Medikamente machen viele von uns dauerhaft taub und manche von uns entwickeln Psychosen.
Für die meisten von uns hat sich das Leben, so wie wir es kannten, dramatisch geändert. Wir können nicht zur Arbeit oder zur Schule gehen oder uns um unsere Liebsten kümmern. Oft werden wir stigmatisiert und sozial ausgegrenzt.
Die Behandlung zu überleben ist eine große Herausforderung - eine, die viele Menschen nicht meistern. Doch wenn wir leben wollen, haben wir keine Wahl. Also müssen wir mutig und willensstark sein und dürfen die Hoffnung auf Heilung nicht aufgeben. Um unsere Behandlung zu überstehen, brauchen wir unermessliche Unterstützung von unseren Ärzten und Krankenschwestern, unseren Familien und Freunden.
Und selbst dann ist die Behandlung mit den derzeitig verfügbaren Therapien nur bei der Hälfte von uns erfolgreich. Auf jeden Menschen mit resistenter TB, der dieses Manifest unterschreibt, kommt ein Mensch, der dazu nicht länger in der Lage ist. Die Forderungen in diesem Manifest werden daher in ihrem Andenken gemacht.
Wir, das medizinische Personal, die Ärzte und Krankenpfleger, die Menschen mit resistenter TB versorgen, finden es inakzeptabel, dass die einzigen Behandlungsoptionen, die wir anbieten können, derartiges Leid verursachen - insbesondere wenn die Heilungschancen so gering sind. Wir haben keine andere Wahl als mit weitgehend unwirksamen und giftigen Medikamenten zu jonglieren, während wir gleichzeitig versuchen, die Nebenwirkungen abzumildern und so viel Unterstützung und Beratung zu leisen, wie es unsere begrenzten Ressourcen zulassen.
Während sich die Krankheit ausbreitet, wird es immer schwieriger mit resistenter TB fertig zu werden. Die Behandlung dauert zu lange, ist zu giftig und zu teuer - allein die Medikamente für die Behandlung eines einzigen Patienten kosten mindestens $4.000 (über €3.000). Wir wollen viel mehr Menschenleben retten, doch um das zu erreichen, brauchen wir dringend eine kürzere, sicherere und wirksamere Behandlung.
Wir, die unterzeichnenden Menschen mit resistenter TB und diejenigen, die sie behandeln, sind aufgrund des verheerenden Tributs, den diese Krankheit von uns, unseren Familien und Gesellschaften in der ganzen Welt fordert, alarmiert. Deshalb stellen wir die folgenden drei Forderungen:
1) Wir verlangen den sofortigen allgemeinen Zugang zu Diagnosen und Behandlung von resistenter TB:
- Regierungen auf der ganzen Welt sollen nationale Behandlungsprogramme für Diagnose und Therapie bereitstellen.
- Schnelle und zuverlässige Diagnose sollte weithin verfügbar gemacht werden, damit resistente TB früh erkannt und so früh wie möglich behandelt werden kann, um so die Chancen auf Heilung zu erhöhen. Gleichzeitig würde damit das Risiko der weiteren Übertragung auf Menschen in unserem Umfeld verringert werden.
- Behandlung und präventive Maßnahmen sollten nah an den Menschen, dort wo sie leben und arbeiten, verfügbar sein, damit wir unsere Familien und unser Umfeld weiter unterstützen können, ohne sie zu gefährden oder unsere Behandlung zu beeinträchtigen.
- Menschen die uns nahe stehen, besonders unsere Kinder, sollten routinemäßig auf TB untersucht werden, um sicherzustellen, dass sie die notwendige Behandlung oder Prophylaxe erhalten. Falls es notwendig wird, sollten unsere Kinder in der Nähe ihres Zuhauses behandelt werden und nicht in entfernten Fachkliniken.
- Wir bitten darum, dass wir und unsere Familien durch angemessene Beratung geschult und unterstützt sowie stärker in medizinische Entscheidungen einbezogen werden.
- Gesundheitspersonal sollte so ausgebildet werden, dass es resistente TB innerhalb bestehender lokaler TB-Programme behandeln kann, damit Tests, Behandlung und weiterführende Versorgung für möglichst viele Menschen, möglichst nah an ihrem Zuhause möglich sind.
2) Wir fordern bessere Therapien - die TB-Forschungsgemeinschaft, einschließlich Forschungsinstitute und Pharmakonzerne, müssen dringend wirksamere, erträglichere, kürzere und erschwingliche Behandlungsprotokolle für resistente TB bereitstellen:
- Mit zwei neuen TB-Medikamenten, die 2013 auf den Markt kommen und weiteren in der Entwicklung, fordern wir, dass die globale TB-Gemeinschaft die Gelegenheit nutzt, um dringend benötigte verbesserte Therapien zu entwickeln.
- Wir brauchen wirksamere Behandlungsprotokolle gegen resistente TB, um unsere Überlebenschancen zu verbessern und die schrecklichen Nebenwirkungen zu lindern, die wir momentan ertragen müssen.
- Wir brauchen Therapien, die wesentlich kürzer sind und die unsere Leben nicht für zwei Jahre stilllegen.
- Wir brauchen Therapien mit Medikamenten, die weniger Tabletten umfassen und daher leichter einzunehmen sind und keine schmerzvollen täglichen Injektionen beinhalten.
- Wir brauchen neue Darreichungsformen wie beispielsweise Sirup oder kleinere Tabletten, die auch von unseren Kindern leicht eingenommen werden können.
- Wir brauchen Medikamente gegen resistente TB, die keine Wechselwirkungen mit HIV-Medikamenten verursachen und die eine wirksame Behandlung beider Krankheiten ermöglichen.
- Pharmaunternehmen müssen bereits existierende Behandlungen und neu entwickelte Medikamente in den am schwersten betroffenen Ländern zu erschwinglichen Preisen verfügbar machen, damit die Betroffenen Zugang zu wirksamer Behandlung haben.
3) Wir fordern mehr finanzielle Unterstützung für die Ausweitung der Behandlungen von resistenter TB und eine stärkere Unterstützung von Forschung an besseren TB-Therapien:
- Internationale Geber und Regierungen betroffener Länder müssen Diagnose und Behandlung von resistenter TB Priorität einräumen und finanziell unterstützen - mittels nationaler, bilateraler oder multilateraler Hilfsprogramme wie dem Global Fonds.
- Es müssen neue Medikamente, insbesondere für die Behandlung von resistenter TB, entwickelt werden. Gleichzeitig muss die Forschung zu Kombinationstherapien mit neuen und alten Medikamenten fortgeführt werden, um auf die vielen verschiedenen Medikamentenresistenzen zu reagieren.
- Forschung und Entwicklung muss finanziert werden, um schnell wirksame und sichere neue Medikamente, leicht anwendbare, akkurate und erschwingliche Diagnostika sowie Impfstoffe zur Prävention von TB zu entwickeln.
Wir, die Patienten und medizinisches Personal, die Ärzte und Krankenpfleger, verpflichten uns:
- Uns gegenseitig zu ermutigen, uns auf TB testen zu lassen, unsere Medikamente einzunehmen und in Behandlung zu bleiben.
- Die Menschen, die uns nahe stehen vor einer Ansteckung mit TB zu schützen.
- Unsere Regierungen zur Verantwortung zu ziehen und Druck auszuüben, damit sie auf die Krise reagieren.
- Unsere Geschichten zu teilen, um das Bewusstsein für TB zu stärken und die Stigmata in unseren Gemeinschaften abzubauen.